Genau diese Konsum- und Ungeduldshaltung geht in diesem Moment auf mich über... zumindest habe ich das Gefühl.
Auf der anderen Seite sehe ich das Ideal der ausdauernden, beharrlichen, besonnenen und ausgeglichenen Gärtnerin. Sie steht da in ihrer grünen, vorbildlichen Gärtnerhose, hält versonnen ihre Schaufel, lächelt gelassen und bekennt weise: "Ja, Geduld ist die Tugend der Gärtnerin". Sie schweigt bedeutungsvoll und macht sich einen Tee aus selbst gesäter, biologisch angebauter Kamille und schaut tiefgründig in die Richtung des weit hinter ihr liegenden Horizontes.
Säen ist für mich der Innbegriff der Entschleunigung. Man muss warten und warten und... ja... noch geduldiger warten. Dieses Warten führt dazu, dass jede kleinste Regung im Balkonkasten zu inneren Luftsprüngen führt ("Oh, jubel, der Thymian hat schon ein kleines Blatt-yeah!"). Je weniger man warten muss, desto weniger hoch sind dann auch die Luftsprünge.
Aber wie ist es abseits dieser Ideale? Gibt es pragmatische Gründe das Eine oder das Andere zu bevorzugen? Muss man wirklich alles selber säen?
Dazu ein paar Fakten:
Pflanzen kaufen

Auf der anderen Seite sind die Pflanzen, wenn sie nicht auf super schnelles Wachstum getrimmt wurden wie z.B. die Kräuter aus den Supermärkten, recht robust. Sie haben als kleine Pflanze gute Bedingungen vorgefunden und sind dann auch im "Erwachsenenalter" stark, kräftig und besser gegen Krankheiten gewappnet.

Ähnlich ist es wenn man die Pflanze nicht direkt in der Gärtnerei, in der sie auf gezogen wurde, kauft. Dann kann es sein, dass sie am Transport litten. So sind z.B. Orchideen stark kälteanfällig, so dass sie, wenn sie auf dem Weg zum Auto nicht richtig verpackt wurden, sofort zu hause die Blüten abwerfen. Pflanzen aus dem Baumarkt haben teilweise schon hunderte von Kilometern hinter sich und bei Transporten, die nicht angemessen sind, können sich Schimmel und andere Krankheiten verbreiten. Dies muss bei der gekauften Pflanze nicht sofort sichtbar werden und kann sich erst in den nächsten Wochen zeigen.
Kaufen von Sprösslingen eignet sich besonders bei Pflanzen, die schwierig sind selber zu ziehen. Es gibt Pflanzen, die besonders empfindlich im Keimstadium sind. Auch die Keimdauer ist von Bedeutung. Als Beispiel nehme ich den Rosmarin. Dieser braucht 21-35 Tage bei über 20°C. Wenn man ihn in der Gärtnerei kauft, ist er manchmal schon ein Jahr alt, weil er einfach enorm langsam wächst. Wenn man also morgen Rosmarinkartoffeln machen möchte, sollte man eine kleine Pflanze kaufen.
Auch Chili und Pfeffer und alle exotischen Pflanzen brauchen hohe Keimtemperaturen, manchmal sogar über 24°C. Wer dies den Pflanzen nicht ermöglichen kann, sie aber trotzdem halten möchte, der sollte kleine Pflanzen kaufen. Dazu kommt, dass Samentütchen manchmal Samen für bis zu mehr als 200 Pflanzen enthalten. Ich habe beim besten Willen keinen Platz für 200 Tomatenpflanzen.
Pflanzen säen


Zusammenfassend lässt sich also sagen: Es kommt ganz auf die Pflanze und den Gärtner an, welche Art und Weise man bevorzugt, denn die wirklich weise Gärtnerin sagt: "Beides hat seine Vor- und Nachteile wie alles im Leben." Sie im Einzelfall abzuwägen ist wohl das Beste und sollte man dies nicht machen, freut man sich einfach über die schönen Pflanzen, die man da so stehen hat.
Gute Links:
http://www.pflanzenforschung.de/de/themen/lexikon/keimung-der-samen-283